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Stiller Protest auf dem Acker

20.09.2019

 

Mit grünen Kreuzen demonstrieren Landwirte gegen die Agrarpolitik – auch ein Bauer aus Zens beteiligt sich

 

Zens l Landwirt Boudewijn Tonkens steht auf seinem Feld mit Zuckerrüben an der B 246a/Ecke Eggersdorfer Straße und gräbt mit einer Schaufel ein Loch in den Boden. In die Erde pflanzt er ein grünes Holzkreuz ein, das etwa so groß ist wie er. Autofahrer sollen das Kreuz von der Straße aus sehen und nachdenklich werden. Was hat es damit wohl auf sich? Denn Landwirt Tonkens ist sauer. „Wir wollen mit den grünen Kreuzen gegen das Agrarpaket der Bundesregierung protestieren“, erläutert der 33-Jährige.

Der Zenser Landwirt Tonkens ärgert sich vor allem über die geplanten Einschränkungen von Pflanzenschutzmitteln bei der Vorbehandlung der Felder und des Saatguts vor der Bepflanzung. „Dadurch müssen wir die Pflanzen später viel mehr spritzen“, sagt er. Das sei völlig widersinnig. „Das Agrar-paket ist nur von Emotionen und Ideologie bestimmet.“ Überhaupt würden die Bauern in Deutschland mit immer neuen Auflagen drangsaliert, bis sie nicht mehr Konkurrenzfähig seien, sagt Tonkens.

Friedlicher Protest der Bauern

Das grüne Kreuz auf seinem Feld ist Teil einer bundesweiten Kampagne. Landwirte aus ganz Deutschland stellen die Kreuze auf ihren Feldern auf. Ohne große Erklärung, ohne Pressekonferenz. Die Medien müssen schon nachfragen. Es ist ein stiller Protest, der die Bürger im Land nachdenklich stimmen soll. Urheber der Aktion ist Willi Kremer-Schillings aus dem Rheinland. Der promovierte Agraringenieur, Autor und selbsternannte Wutbauer ist mit Sachbüchern und Internetbeiträgen als Bauer Willi bekannt geworden.

„Wir stellen keine Forderungen. Die grünen Kreuze sollen als Mahnung an die Gesellschaft verstanden werden, sich dem Wert der heimischen Landwirtschaft bewusst zu werden“, sagt Bauer Willi, der mit der Aktion auf ein „massiv einsetzende Höfesterben“ aufmerksam machen will. Seit der Verabschiedung des Agrarpaketes gehe bei vielen Landwirten die Angst um.

Bauer Willi begründet die ruhige Protestform folgendermaßen. „Das Abfackeln von alten Reifen, einen Treckerkorso oder das Bespritzen von Gebäuden mit Gülle würde uns sicher nicht das Wohlwollen unserer Mitbürger einbringen“, begründet Bauer Willi die eher ruhigere Protestform mit dem Aufstellen der Kreuze.“

Mittlerweile schließen sich immer mehr Landwirte vor in Deutschland dem stillen Protest an und stellen grüne Kreuze auf ihre Felder. Der Zenser Landwirt Tonkens hat auf der Internet-Seite von Bauer Willi von der Aktion erfahren und sich entschlossen, daran teilzunehmen. Im Salzlandkreis sei er aber seinen Wissens nach bisher der Anzeige Landwirt, der ein Kreuz aufgestellt hat.

Beim Bauernverband Sachsen-Anhalt sind die grünen Kreuze zumindest bekannt. „Das ist aber eine Graswurzelaktion von unabhängigen Landwirten“, sagte ein Verbandssprecher der Volksstimme auf Nachfrage. Eine offizielle Position zum Agrarpaket will der Bauernverband Sachsen-Anhalt noch in den kommenden Tagen erarbeiten.

Für Landwirt Boudewijn Tonkens ist die Bevormundung durch die Politik sogar ein noch großes Problem als die anhaltende Trockenheit in den vergangenen Jahren. Und die war auch in diesem Jahr wieder schlimme genug. Auf rund 30 Prozent schätzt er den Rückgang der Ernte aufgrund des Wetters. Dabei schien etwa die Ernte der Zuckerrüben noch im Frühjahr richtig vielversprechend zu werden. Doch nun kurz vor der Ernte ist die Hoffnung dahin. „Die Zuckerrüben sehen schlecht aus“, sagt er. Die Preise seien sowieso im Keller. Ab nächstem Jahr wird er die Zuckerrüben wohl nur noch für seine eigene Biogasanlage zu Energiegewinnung anbauen, mit der er Strom und Wärme ins Netz für Zens einspeist.

Der Niederländer Boudewijn Tonkens hat den Hof in Zens in diesem Jahr von seinem Vater übernommen. Der Landwirt bewirtschaftet rund 550 Hektar und baut vor allem Raps, Gerste, Weizen, Mais und Zuckerrüben an. Er ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kleinmühlingen-Zens.

 

Bild zur Meldung: Das Agrarpaket