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Bördeland: Einheit in der Gemeinde wird gelebt

15.02.2018

Morgen Abend feiern die Orte Welsleben, Biere, Eickendorf, Eggersdorf, Großmühlingen, Kleinmühlingen und Zens „Rosenhochzeit“

Die Einheitsgemeinde Bördeland begeht morgen ihre Feier zum zehnjährigen Bestehen. Über das Für und Wider dieses Zusammenschlusses und über die Entwicklung der Kommune sprach Volksstimme-Redakteur Olaf Koch mit Bürgermeister Bernd Nimmich (SPD).

 

Volksstimme: Hat sich Bördeland in den vergangenen zehn Jahren aus Ihrer Sicht positiv oder negativ entwickelt?

Bernd Nimmich: Der Weg zur Einheitsgemeinde war richtig, und Bördeland hat sich in meinen Augen durchaus positiv entwickelt. Wenn wir in die Anfangszeit zurückschauen: Damals befanden sich alle Kommunen in der Konsolidierung, große finanzielle Sprünge waren nicht möglich.

Wie war die finanzielle Situation damals nach dem Zusammenschluss?

Nach dem ersten Kassensturz summierte sich der Fehlbetrag im Haushalt auf 3,2 Millionen Euro. Die Kreditschulden beliefen sich auf 12,9 Millionen Euro. Das sind beides für eine Gemeinde wie Bördeland nicht unerhebliche Summen gewesen. Das eine Dorf brachte mehr, das andere etwas weniger in die „Ehe“ mit ein.

Außer einer strikten Konsolidierung: Wie konnten Sie sich von diesem Schuldenberg befreien?

Befreien würde ich es noch nicht nennen. Wir haben durch Sparmaßnahmen die Einheitsgemeinde auf den Weg gebracht und dazu die vom Land vorgegebene freiwillige Phase genutzt. Innerhalb von nur zehn Wochen haben wir den Gebietsänderungsvertrag erarbeitet und die dazu notwendigen Beschlüsse gefasst. Das Land stellte den neuen so gebildeten Kommunen Geld in Aussicht, was dann auch uns zustand. So bekamen wir damals 3,9 Millionen Euro als – sagen wir mal – „Hochzeitsgeschenk“. Eine richtig große Summe. Die Einheitsgemeinde Bördeland entstand so am 29. Dezember 2007 aus dem Zusammenschluss der sieben Gemeinden Biere, Eggersdorf, Eickendorf, Großmühlingen, Kleinmühlingen, Welsleben und Zens.

Der Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaften „Bördeland“ und „Östliche Börde“ fand 2004 statt. Daraus entstand die Einheitsgemeinde „Südöstliches Bördeland“, daraus wiederum im Dezember 2007 die Einheitsgemeinde. Alle diese Gebietsreformen, die zeitlich sehr dicht beieinander lagen, begründeten sich darin, mittelfristig die Kosten zu senken und effektiver zu arbeiten. Wie ging die Rechnung auf?

Der Personalbestand, der ja aus zwei eigenständigen Verwaltungen stammte, wurde zusammengeführt. Durch den natürlichen Abbau von Personal, Eintritt in die Rente oder anderer arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wurde der Personalbestand stark reduziert. Hilfreich hierfür war ein Personalentwicklungskonzept, was beinhaltete: Freiwerdende Stellen wurden teilweise nicht wieder neu besetzt und Strukturveränderungen in den Fachämtern bei der Aufgabenverteilung. Heute zählen nur noch 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verwaltung. Trotz tariflicher Erhöhungen der vergangenen Jahre können wir eine ordentliche Bilanz vorzeigen.

Sieben Orte waren sicherlich nicht einfach, unter einen Hut zu bekommen, oder?

Die Ausgangslage war nicht schlecht. Die Gemeinde Bördeland liegt territorial gut, alle sieben Orte sind Dörfer, und es gibt einen ausgeprägten ländlichen Bereich. Kein Ort hatte eine überragende Magnetwirkung. Für uns war es damals wichtig, dass sich alle sieben Orte im Gebietsänderungsvertrag wiederfinden.

Ist das alles für die Einwohner spürbar oder nicht?

Ja, ich denke schon. Die Einheit wird von den Bürgern mitgelebt. Es gibt keine großen Konzentrationen an einer Stelle, alle Ortsteile sind gleichberechtigte Partner und finden Berücksichtigung und Gehör um Problemlösungen gemeinsam zu bewältigen.

Also alles Friede, Freude, Eierkuchen? Oder schlummert etwas hinter der Fassade?

Wir brauchen uns hinter dem Erreichten nicht verstecken, durchaus auch ein bisschen stolz sein, was wir in den zehn Jahren geschafft haben. Kritiker haben aber auch Recht, wenn sie sagen, dass es noch einen Investitionsstau gibt. Längst haben wir nicht alle Straßen in den Dörfern erneuern können, wie wir das wollten. Aber es gibt Prioritäten und ein gemeinschaftliches Denken.

Welche Erlebnisse sind Ihnen in den vergangenen zehn Jahren positiv und welche negativ in Erinnerung geblieben?

Positiv alles, bei dem Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das ist das A und O. Damit verbessert sich nicht nur die einzelne Familiensituation, sondern auch langfristig das Leben in der Gemeinde. Die Menschen bleiben vor Ort, zahlen hier ihre Steuern und bringen sich in die Gemeinschaft mit ein. Auch jeder Fördermittelbescheid von Kreis, Land und Bund ist mir positiv in Erinnerung.

Auf der anderen Seite denke ich an den schlimmen Brand im Kinderheim in Zens, an die negativen Unwetterereignisse der vergangenen Wochen und Monate, an Schlamm- und Sturmschäden sowie beispielsweise die Aufgabe der Feuerwehr in Zens als selbständiger Standort.

Welche Ortschaft innerhalb der Gemeinde hat sich in den zehn Jahren prächtig, welche nicht so sehr entwickelt?

Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Jeder Ort ist mit einer anderen Entwicklung in die Einheitsgemeinde gekommen. Fest steht aber, und darauf haben wir immer geachtet: In allen sieben Dörfern ist in den vergangenen Jahren etwas passiert: Kindertagesstätten sind vor Ort geblieben und wurden zum Teil saniert, Straßen erneuert, die Ausrüstung der Feuerwehren verbessert und die Straßenbeleuchtung neuen Erfordernissen angepasst. Das nächste große Projekt ist die energetische Sanierung der Welsleber Grundschule. Es gibt ein ausgeprägtes Vereins- und Sportleben in unseren Ortsteilen.

Wenn Sie nochmals vor der Entscheidung stehen würden: Was würden Sie in der Konstellation einer Einheitsgemeinde anders oder besser machen?

Nicht viel. Ich denke, dass es gut lief und die Menschen zufrieden sein können. Dazu hat nicht nur die Verwaltung beigetragen, sondern auch der Gemeinderat und die Ortschaftsräte.

Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit im Gemeinderat Bördeland ein?

Sehr gut. Es wird um die Sache der sieben Ortsteile gestritten. Es geht nicht um die Präsentation der Parteibücher und die Umsetzung großer Parteilinien. Im nächsten Jahr sind erneut Kommunalwahlen. Es wäre schön, wenn sich wieder genügend Kandidaten finden würden, die in den einzelnen Gremien mitarbeiten würden.

Ist eine Kommune mit nur 7 600 Einwohnern in Zukunft eigenständig handlungsfähig?

Aus meiner Sicht ist das Modell der Einheitsgemeinde zu favorisieren. Nach den zehn Jahren kann ich sagen: Ein effektives Arbeiten ist möglich. Unser Grundsatz im Gemeinderat, dass wir uns nie über eine Entscheidung in einem Ortschaftsrat hinwegsetzen, ist sehr wichtig. Zudem kannten wir uns alle, hier in der großen Gemeinde bleibt nichts anonym.

Man kann also nichts mehr besser machen?

Reserven bleiben trotzdem. Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass wir einen zentralen Bauhof hätten, um so noch schneller und effizienter reagieren zu können und den Personaleinsatz besser zu steuern.

Was ist derzeit die höchste Hürde in der Weiterentwicklung Bördelands?

Das sind ganz eindeutig die Finanzausstattung und die Gewerbesteuereinnahmen. Kontinuität sieht anders aus, und alles ist ziemlich unbeständig. Ich wünsche mir irgendwann einmal beständigere Zahlen. Außerdem macht uns, wie anderen Städten und Gemeinden auch, die Kreisumlage zu schaffen. Jeden Monat müssen wir 220 000 Euro nach Bernburg überweisen.

Wo sehen Sie die Gemeinde Bördeland in zehn Jahren?

Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Gemeinde kontinuierlich weiterentwickelt und dass sich alle Bemühungen und die Investitionen für die Zukunft auszahlen. Wir müssen junge Menschen für das Dorf begeistern. Dafür benötigen wir aber eine lebenswerte Infrastruktur und attraktive Dörfer. Daran müssen wir in den nächsten zehn Jahren weiter arbeiten.

 

Das ist das Bördeland

 

Biere - Data Center Biere, größtes Rechenzentrum Europas

 

Eggersdorf - Sport- und Freizeitzentrum als Veranstaltungsort für Großveranstaltungen, Oktoberfest im Bördeland, gutes Essen

 

Eickendorf - Brauchtumspflege von der historischen Getreideernte  bis zur Bördehochzeit

 

Großmühlingen - Traditionsfest Pflaumenkuchenmarkt

 

Kleinmühlingen - das Radsportdorf - von der Friedensfahrt-geschichte bis zum Kunstradsport

 

Welsleben - geschichtliche Nachtwächterrundgänge erfreuen sich großer Beliebtheit, Eisspezialitäten und Fruchtsäfte in ganz Sachsen- Anhalt bekannt

 

Zens - Ort der traditionellen Bauernolympiade

 

( aufgeschrieben von Bernd Nimmich )

 

Bild zur Meldung: BM Bernd Nimmich