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Versprechen wird nicht eingehalten

31.01.2018

Busse der Kreisverkehrsgesellschaft fahren gefühlt immer noch zu schnell durch die Straße "Am Sportplatz"

„Wenn in der Straße Am Sportplatz in Zens Busse fahren, wackeln die Häuser.“ Das schrieb die Volksstimme vor knapp einem Jahr. Mit einer Geschwindigkeitsreduzierung sollte der Verkehr verlangsamt werden. Was ist daraus geworden? Die Volksstimme war vor Ort.

Von Olaf Koch und Ulrich Meinhard

 

Zens l Zugegeben: Der Eindruck kann täuschen und ist rein subjektiv. Eine gesicherte Geschwindigkeitsmessung hat die Volksstimme nicht vorgenommen. Wenngleich in der Straße Am Sportplatz ein Schild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 Kilometer pro Stunde (km/h) steht, die meisten Fahrer – auch die Busfahrer – nehmen dieses Gebot als „freiwillige Alternative“ wahr. Nach wie vor donnern vor allem die schweren Busse der Bernburger Kreisverkehrsgellschaft (KVG) durch die enge Straße auf dem Kopfsteinpflaster.

Problem ist nicht neu

Neu ist das Problem nicht. Schon vor knapp einem Jahr machte die Volksstimme auf diese Problematik aufmerksam. Anwohner der Straße kritisierten, dass Busse der KVG im bebauten Bereich der Straße, die einem Nadelöhr gleicht, zu schnell fahren. Das führe zu Erschütterungen in den Häusern, die kleinen Erdbeben gleichen würden. „Zweitens werde immer wieder über eine Grünfläche gefahren, die dann durch tiefe Reifenspu- ren verunstaltet ist“, schrieb die Volksstimme vor einem Jahr.

Bei einem Vorort-Termin damals war schnell zu spüren, dass den Anwohnern mehr auf den Nägeln brennt als nur der zerfahrene Grünstreifen. Die Straße sei doch gar nicht ausgelegt für zwölf Tonnen schwere Busse, noch dazu, wenn sie täglich zwölf Mal oder häufiger dort entlang fahren, empörten sich die Zenser.

Früher, ja früher habe es eine Buswendeschleife im Dorf in der Mitte gegeben. Die fiel aber einem Spielplatzneubau zum Opfer.

Aus Protest parkte ein Anwohner früher sein privates Auto hin und wieder auf der schmalen Straße, obwohl der Anwohner es auch auf dem eigenen Grundstück abstellen könnte. Warum das? „Weil mein Auto die Busfahrer zwingt, langsamer zu fahren“, begründete er damals die Maßnahme.

Nach einigem Hin und Her einigt sich die Runde vor Monaten auf einige Kompromisse: Die Gemeinde Bördeland sollte ein Verkehrsschild aufstellen, das eine maximale Geschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde vorgibt. Das war ohne größere Probleme möglich, weil die Gemeinde hier hoheitlich zuständig ist. Die KVG sollte dafür Sorge tragen, dass die Geschwindigkeiten der Busfahrer überwacht werden. Das sei technisch etwa über den digitalen Fahrtenschreiber möglich. Bei Verstößen würden den Fahrern disziplinarische Maßnahmen drohen, versicherte die KVG damals. Entsprechend sollte es eine Belehrung der Fahrer geben. Der Anwohner schließlich erklärte sich bereit, sein Auto nicht mehr als quasi Ersatz-Schikane auf der Straße zu parken.

Schild ist nur Kosmetik

Und heute? Was ist aus der Geschichte geworden? Ernüchterung, denn das Verkehrsschild in der Straße Am Sportplatz ist – wie eingangs erwähnt – Schmuck und lediglich von kosmetischer Natur. Der Volksstimme liegt eine Liste mehrerer Tage über Busse vor, die die Straße Am Sportplatz durchfahren, und die geschätzte Geschwindigkeit. Demnach können zwischen 75 und 80 Prozent zu schnell gewesen sein. Die Volksstimme wollte die KVG beim Wort nehmen und die Zusage von damals, dass die digitalen Fahrtenschreiber der Busse ausgewertet werden können. Eine entsprechende Anfrage wurde aber aus Bernburg abgewiesen: „Sie werden sicherlich verstehen, dass wir die Fahrtenschreiber unserer Fahrzeuge nicht zum Zweck der Veröffentlichung auswerten werden“, antwortet Bill Bank, verantwortlich für Verkehrsplanung, Marketing und Tarif bei der KVG in Bernburg. Damit wird klar: Das Versprechen von damals will die KVG heute nicht eingehalten.

Insgesamt argumentiert die KVG auf eine Anfrage der Volksstimme mit allgemeinen Erklärungen. „Die Vorteile, welche eine ÖPNV-Erschließung für viele Einwohner bedeutet, bringen auch teilweise mit sich, dass Wohngebiete befahren werden. Die Kreisverkehrsgesellschaft Salzland mbH versucht, die Erschließung möglichst ohne nachteilige Auswirkungen für die Anwohner zu gestalten.“

Keine größeren Verstöße

Doch zum Schluss der E-Mail wird Bill Bank dann doch noch konkreter: „Wir haben bisher keine Hinweise, dass gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung in beachtenswertem Umfang verstoßen wurde. Auch eine Radarkontrolle, welche durch die Polizei durchgeführt wurde, stützt diese Einschätzung.“

Auf die Frage, welche technischen Bedingungen ein Wendehammer für Busse haben muss, darauf ging die KVG nicht ein. Nach Recherchen ist aber ein Wendekreis von mindestens 24 Metern erforderlich. Eine solche Baumaßnahme kostet Geld. Das müsse an anderer Stelle geklärt werden, sprich im Gemeinderat von Bördeland. Auch die Fläche dafür müsste vorhanden sein – vielleicht am Dreieck Dorfstraße und Am Anger oder im Bereich Dorfstraße, Am Sportplatz und Tränke? Denn eines steht fest: Nur eine Wendeschleife würde die empörenden Hilferufe der Anwohner an der Straße Am Sportplatz für immer verstummen lassen.

Positiv zu erwähnen ist aber noch, dass der Grünstreifen nun wirklich Grünstreifen ist. Bisher soll kein Bus mehr von der Straße dorthin ausgewichen sein und die Anlage zerfahren haben.

In Anbetracht der Sicherheit und der weiteren Handlungen gibt es noch ein wichtiges Argument: Jene Straße Am Sportplatz hat keinen Fußweg. Jeder Anwohner muss auf der Straße laufen, bei Wind und Wetter und bei Dunkelheit. Es ist sicherlich nur eine Frag der Zeit, bis etwas passiert. Oder eben passieren muss. Danach geht meist alles ziemlich schnell.

 

Bild zur Meldung: Busse in Zens